Haben Sie schon mal etwas von Paphos gehört? Nein? Aber doch bestimmt von Aphrodite? Die ist nämlich dort geboren, oder eher: dem Meer entstiegen, als „Schaumgeborene“. Ganz in der Nähe der heutigen modernen Stadt im Südwesten der Republik Zypern, an einem wunderschönen Strand mit markanten Felsen. Über 3000 Jahre soll das her sein. Auch heute noch ist die Göttin der Schönheit und Liebe, von den Römern später als Venus verehrt, in Paphos präsent, sagen viele Einheimische. Und so treffen sich nicht wenige Leute in Vollmondnächten dort, um dreimal um einen der Felsen zu schwimmen. Denn das soll so richtig Glück in der Liebe bringen. Oder auch ein paar Jahre jünger machen - die Meinungen sind geteilt.
Paphos ist alt, voller archäologischer Sehenswürdigkeiten. Paphos ist auch modern, in vielerlei Hinsicht. Die Stadt mit heute über 90 000 Einwohnern war 2017 Europäische Kulturhauptstadt, was zahlreiche positive Spuren hinterlassen hat. Paphos ist natürlich beliebt bei Touristen, wegen der Sehenswürdigkeiten, wegen der schönen Umgebung mit zahlreichen Stränden, wegen der vielen Hotels und der reichhaltigen Gastronomie. Kommen Sie in den nächsten Tagen doch einfach mit: zu den Villen von Dionysos oder Theseus, mit dem Land Rover auf die Halbinsel Akamas, ein wunderschönes Naturschutzgebiet, zu den Bädern der Aphrodite, wo sie Adonis begegnete, oder in die geteilte Hauptstadt Nikosia.
Bleiben wir doch noch eine Weile in Paphos. An der Südwestspitze der Stadt liegt der Archäologische Park, eine Ausgrabungsstätte, die auch diejenigen begeistert, die sich normalerweise nicht so für antike Überbleibsel interessieren. Das liegt hauptsächlich an den zahlreichen wunderschönen Bodenmosaiken, die freigelegt wurden, und zahlreiche Szenen aus der griechischen Mythologie zeigen. Entstanden sind sie in römischer Zeit, ab dem 2. Jahrhundert nach Christus, und sie schmückten riesige, prunkvolle Villen. Heute heißen deren Überreste Haus des Äon, des Dionysos, des Theseus, des Orpheus. Warum aber sind die großartigen bunten Bilder griechisch, noch dazu mit griechischen Bezeichnungen versehen, die die Namen des jeweiligen Helden, Gottes oder Unholds nennen, die zahlreichen Göttinnen und sonstigen Darstellerinnen nicht zu vergessen? Ganz einfach: Die Römer fanden es schick, sich mit der antiken griechischen Kultur zu schmücken, und Geld hatten sie offenbar genug, um die Stadt prächtigst auszuschmücken.
Prächtige Hauptstadt
Das weitläufige eingezäunte Areal direkt am Meer umfasst etwa ein Drittel der antiken Stadt, die Ende des 4. Jahrhunderts vor Christus von einem etwa 15 Kilometer entfernten Standort - heute Kouklia - hierher verlegt wurde. Vom 2. Jahrhundert vor bis zum 4. Jahrhundert nach war Paphos gar Zyperns Hauptstadt.
In diesem gepflegten Park, natürlich auch Weltkulturerbe, sind viele weitere Zeugnisse aus hellenistischer und römischer Zeit zu besichtigen, etwa das Odeon, ein restauriertes kleines Musiktheater. Das geschichtsträchtige Areal ist einfach ein wunderschöner Ort, um herumzuschlendern. Das gilt auch für den über zwei Kilometer langen Spazierweg außerhalb, der sich vom Hafen von Paphos an einem markanten Leuchtturm vorbei nach Norden zieht und von zahlreichen Skulpturen und Installationen gesäumt ist - als ob die Landschaft nicht alleine schon begeistern würde. Was auch auffällt: Alles ist total sauber und gepflegt, alle paar Meter stehen Abfalleimer, und die werden sogar geleert. Das alles ist man von Deutschland leider gar nicht mehr so gewohnt.
Gräber mit Aussicht
Nicht versäumen sollte man auch die sogenannten Königsgräber (Tombs of the Kings), eine regelrechte Totenstadt mit richtigen Häusern. Einfach noch ein Stück an der Küste entlang nach Norden. Begraben waren dort allerdings keine Könige, sondern reiche Bürger der antiken Stadt Paphos. Sehr reiche, offenbar. Vom wunderbaren Blick aufs Meer hatten sie allerdings nichts mehr. Die heutigen Besucher dafür umso mehr.
Heute geht es mit dem Land Rover zur Akamas-Halbinsel im Nordwesten Zyperns. Ein robustes Allrad-Fahrzeug macht sich bezahlt: Hier gibt es nur noch holprige Pisten, keine asphaltierten Straßen mehr, und wer sich mit seinem kleinen Mietauto hineinbegibt, ist selbst dran schuld.
Jetzt im Frühjahr ist es besonders schön: Alles ist noch grün, unzählige Blumen sorgen für phantastische Farbtupfer. Das ändert sich Ende Mai ziemlich schnell: Dann kommt in der Regel die große Hitze auf Zypern, und innerhalb weniger Tage wird alles braun.
Strand für Schildkröten
Doch davon sind wir noch weit entfernt: Wir wandern in die sehenswerte Avakas-Schlucht hinein, aber sie ist nur ein kurzes Stück bequem zugänglich - das Wasser des darin fließenden Baches ist an vielen Stellen einfach noch zu hoch. Unser Fahrer, nennen wir ihn Alexis, rät zur Umkehr: Zu riskant auf dem schlüpfrigen Boden. Schade, denn die Szenerie ist großartig.
Wir fahren stattdessen nach Lara, einer Halbinsel auf der Halbinsel, die auf der Karte aussieht wie der Kopf eines Hammerhais. Der wunderschöne Strand auf der nördlichen Seite ist aber nicht wegen irgendwelcher Haie bekannt, sondern wegen Schildkröten. Die legen dort nämlich ihre Eier ab. Man kann den Strand besuchen, dort auch baden, aber beispielsweise muss man eine Stunde vor Einbruch der Dämmerung wieder verschwunden sein. Und Sonnenschirme in den Sand zu stecken ist auch verboten.
Es macht Spaß, einen ersten Eindruck von dieser großartigen Landschaft zu bekommen und sie als Schauplatz künftiger Wanderungen vorzumerken. An manchen Stellen werden wir von tausenden von Schmetterlingen begleitet, die auf ganz bestimmten Routen unterwegs sind. Distelfalter sind es, eine Wanderfalterart. Die Tiere nutzen die Windströmungen und können weite Strecken zurücklegen.
Alexis, ein gemütlicher und kundiger griechischer Zypriot, ist ein beherzter Fahrer. Man tut auf diesen Pisten im Land Rover gut daran, sich festzuhalten. Nebenbei: Das Gerüttel ist ein gutes Training für die Bauchmuskeln.
Ein Tümpel Schönheit und Jugend
Solche hatte den Überlieferungen zufolge auch Adonis reichlich. Viele Mythen erzählen im Mittelmeerraum von diesem schönen Jüngling, doch beschränken wir uns auf die Geschichte, die man auf Zypern bevorzugt. Dazu fahren wir auf die andere Seite der Akamas-Halbinsel zum Ort des Geschehens, der den verheißungsvollen Namen Loutra tis Afroditis (Bäder der Aphrodite) trägt. Dort gibt es einen verwunschenen Tümpel, der von Wasser, das die Felsen herabrieselt, gespeist wird, und darin pflegte Aphrodite zu baden. Adonis, zufällig in der Gegend unterwegs, entdeckte sie dort, und um beide war es geschehen. Besucher können sich mit dem Wasser das Gesicht waschen, und die Haut wird wieder glatt. Heißt es. Das dauert aber zwei Wochen. Dann sind sie in der Regel wieder zu Hause und können sich nicht beschweren, wenn die Wirkung ausbleiben sollte ...
Unbestritten ist die positive Wirkung einer anderen Aktivität: Die Bäder der Aphrodite sind Ausgangspunkt von herrlichen Küsten-Wanderwegen. Darunter - natürlich - der Aphrodite- und der Adonis-Trail. Absolut empfehlenswert. Auch wenn man Aphrodite und Adonis vielleicht nicht zu Gesicht bekommt.
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